Ja? Nein? Vielleicht? Wie treffen wir die richtige Entscheidung?

Entscheidungen zu treffen, fällt vielen Menschen schwer. Ob es um den Job geht, die eigene Beziehung oder andere wichtige Lebensfragen: Gehen oder bleiben? Entweder …  oder? Welches ist die richtige Entscheidung? Wir alle haben wohl schon einmal erlebt, dass es eine große Herausforderung sein kann, sich zu einem klaren Ja oder Nein durchzuringen. Häufig scheinen uns gefühlt „große“ Entscheidungen zu überfordern. Wir stehen ihnen mehr oder weniger hilflos gegenüber, fühlen uns blockiert oder gelähmt. Die Gedanken kreisen und quälen uns, sehr gern auch nachts. Doch dieses Grübeln raubt nur den Schlaf – es bringt nichts! Konstruktives, entspanntes Nachdenken bei Tageslicht bringt da viel mehr. Ob allein oder mit Unterstützung. Und zum Glück gibt es hierfür eine Reihe mehr oder weniger bewährter Methoden. Einige davon stelle ich Ihnen gleich in diesem Betrag vor.

Vorab ein paar Worte zum Hintergrund: Entscheidungen kommen uns immer dann besonders schwer vor, wenn wir die Konsequenzen nicht überschauen können. In anderen Worten, wenn wir unter Unsicherheit zwischen A und B wählen müssen. Das ist in der Praxis sehr häufig der Fall, allein schon, weil wir nicht in die Zukunft blicken können. Das macht vielen Menschen Angst.

Häufig erleben wir dies bei Veränderungen: Kündige ich, ja oder nein? Nehme ich das neue Job-Angebot an oder nicht? Hier steht das „Ja“ für etwas Neues, das mit einer bestimmten Unsicherheit verbunden ist – aber eben auch reizvoll ist und Chancen verspricht. Scheu vor den Konsequenzen spielt auch eine Rolle, wenn wir uns fragen: Spreche ich das Thema bei meinem Mitarbeiter, bei meiner Chefin an? Übe ich Kritik oder nicht? Häufig geht es dabei um kritische Themen, so dass es bei der Frage „ja oder nein“ letztlich auch eine Rolle spielt, ob man sich traut: Finde ich den Mut, um …? Bin ich mutig genug? Oder man möchte keinen Fehler, möchte nichts kaputt machen: Was denkt …, wenn ich das anspreche? Wird es ihn/sie verletzen? Wir die Person wütend oder wird sich unsere Beziehung verändern?

Aber selbst bei Themen, die für die meisten „eigentlich“ positiv besetzt sind, können einen Ja-oder-Nein-Entscheidungen quälen: Melde ich mich für die Fortbildung an? Gönne ich mir die große Reise bzw. Anschaffung, ja oder nein? Kaufen wir das Eigenheim oder nicht? Oder bei wichtigen Lebensentscheidungen: Möchte ich ein Kind? Schaffen wir uns einen Hund an? Will ich mit diesem Partner, mit dieser Partnerin zusammenbleiben? Oder ist eine Trennung die bessere Lösung?

Entscheidungshilfen – gute und weniger geeignete

Wie kommen wir in solchen Entscheidungssituationen vom Fleck, wie treffen wir eine „gute“ Entscheidung? Gibt es dabei irgendwelche Tricks? Lassen Sie uns vier gängige Methoden unter die Lupe nehmen.

Methode 1: Entscheidungsorakel & Co. – die Entscheidung delegieren

Es gibt viele Möglichkeiten, die Verantwortung (scheinbar) abzugeben. Kann oder will man sich nicht festlegen, kann man es anderen überlassen, die Entscheidung zu treffen. Diese anderen können Menschen sein, die irgendwann vollendete Tatsachen schaffen, so dass eine eigene Entscheidung hinfällig wird. Ich erinnere mich an eine Klientin, die so lange ein klärendes Beziehungsgespräch mit Ihrem Partner – den sie noch immer liebte – vor sich herschob, bis der sich eines Tages von ihr trennte. Sie musste sich also nicht mehr entscheiden, konnte es aber auch nicht mehr.

Manche lassen auch „das Schicksal“ entscheiden. Indem sie einfach passiv bleiben und abwarten oder auch aktiv, indem Sie eine Münze werfen oder ein „Entscheidungsorakel“ im Internet befragen. Ich habe den Begriff heute einmal gegoogelt – und war ehrlich gesagt etwas erschrocken, wie viele Treffer es dazu gibt. Zwar kenne ich niemanden, der Münze oder Orakel ernsthaft über sein weiteres Leben bestimmen lassen will, aber es scheint auch hierfür einen Bedarf zu geben. Persönlich finde ich dies sehr bedauerlich, denn – so schwer sie im Einzelfall auch sicher sind – Entscheidungen sind Möglichkeiten, unser Leben zu gestalten! Wenn wir uns nicht fremd bestimmen lassen möchten, sollten wir sie uns nicht aus der Hand nehmen lassen.

Schauen wir uns daher jetzt lieber die konstruktiveren Methoden an …

Methode 2: Mit Freunden, Familie oder z.B. einem Coach sprechen

Dies ist eine der bewährtesten Entscheidungsmethoden überhaupt. Wer einem Dritten gegenüber schildert, was er entscheiden möchte und wo er in Bezug auf eine Entscheidung gerade steht, der muss seine Gedanken dazu zwangsläufig ein Stück weit strukturieren und in Worte fassen. Allein dadurch werden sie schon klarer und die Entscheidung wirkt häufig etwas weniger groß.

Idealerweise äußert die andere Person dann nicht in erster Linie ihre eigene Meinung – es sein denn, sie wird direkt danach gefragt -, sondern hilft dem Freund, Familienmitglied oder Klienten zuallererst durch kluge Fragen, nach und nach immer klarer zu werden.

Wir Coaches haben gelernt, andere dabei zu unterstützen, Gedankenknäuel zu entwirren, zielorientiert Optionen zu sortieren und zu bewerten und so schrittweise für immer mehr Klarheit zu sorgen. Dabei nutzen wir unterschiedliche professionelle Tools, schauen uns beispielsweise auch gemeinsam mit unseren Klienten deren „inneres Team“ an, um innere Konflikte zu verstehen und zu lösen. So lässt sich sicherstellen, dass neben den Rahmenbedingungen auch alle persönlichen Bedürfnisse des Menschen berücksichtigt werden.

Methode 3: Den Entscheidungsbaum als Hilfsmittel nutzen

Der Entscheidungsbaum ist ein einfaches Tool, um mehrere Alternativen gegeneinander abzuwägen. Er ist auch geeignet, wenn Sie von Vornherein zwischen mehr als zwei Optionen (ja und nein) wählen möchten bzw. müssen. Das Schöne: Er ist leicht auf einem Blatt Papier zu zeichnen, hilft, die eigenen Gedanken zu strukturieren. Viele Beispiele dafür finden Sie im Internet.

Was gerade bei Ja-oder-nein-Entscheidungen das Tolle ist: Hier weiten die Verästelungen des Baumes den Horizont. Der Entscheidungsbaum ermutigt einen dazu, kreativ zu werden und in weiteren Alternativen zu denken. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht, häufig gibt es nämlich nicht nur „ja“ und „nein“, sondern „ja und eins“, „ja und zwei“, „nein und drei“ oder auch „nein und eins“ …

Fragen Sie sich bei der Bewertung der Alternativen: Was sind meine Kriterien? Welche gibt der Kopf vor und welche der Bauch bzw. das Herz? Was macht mich spontan, was langfristig glücklich?

Methode 4: Mit 10-10-10 Schritten den zeitlichen Horizont entdecken

Eine Zeitreise kann uns dabei helfen, etwas Distanz zu einer ansehende Entscheidung aufzubauen und deren Konsequenzen in einem größeren Zusammenhang zu sehen: Das sog. 10-10-10-Modell stammt ursprünglich von Suzy Welch. Es ist besonders bei schwierigen Entscheidungen nützlich, die langfristige Auswirkungen haben. Es hilft einem dabei, sowohl die kurzfristig auftretenden Emotionen zu erkennen als auch die mittel- und langfristigen Folgen einer Entscheidung zu berücksichtigen.

Ziehen Sie auf einem Blatt eine waagerechte Linie. Schreiben Sie darüber „Ja“ und darunter „Nein“. Teilen Sie die Linie dann in drei Teile auf. Der erste, linke heißt „in zehn Tagen“, der zweite „in zehn Monaten“ und der dritte „in zehn Jahren“. Es ergibt sich somit eine Tabelle mit zwei Zeilen à 3 Feldern. Notieren Sie in jedes Feld, welche Auswirkungen Sie erwarten, wenn Sie sich Ihre Frage mit „ja“ bzw. „nein“ beantworten: Überlegen Sie sich also, welche Folgen es voraussichtlich innerhalb der nächsten zehn Tagen hätte, wenn Sie sich „dafür“ entscheiden und welche es in demselben Zeitraum hätte, wenn Sie sich „dagegen“ entscheiden etc. Haben Sie alle zehn Felder ausgefüllt, machen Sie eine Pause – gehen Sie z.B. einmal um den Block – und betrachten dann in Ruhe Ihre Aufzeichnungen. Häufig fällt die Entscheidung dann schon etwas leichter, weil Sie die Sicherheit haben, sowohl die kurz- als auch eine mittel- und langfristige Perspektive einzubeziehen.

Übrigens, je nach Thema kann es beim Zeitreise-Modell sinnvoll sein, die Intervalle anzupassen oder zusätzlich z.B. „in zehn Minuten“ oder „in zehn Stunden“ zu ergänzen. So wandelt sich dann das 10-10-10-Modell in ein 10-10-10-10-Modell.

Methode 5: Die Ja-Nein-Entscheidung auf Probe treffen

Häufig hilft einem ein kleines Experiment, zu erspüren, mit welcher Entscheidung man glücklicher sein wird. Dazu wenden Sie einen kleinen Trick an: Treffen Sie die Entscheidung „auf Probe“ und beobachten Sie anschließend 24 Stunden lang, wie es Ihnen damit geht. Danach entscheiden Sie, ob Sie die „Probeentscheidung“ in eine endgültige Entscheidung wandeln möchten – oder nun testweise die zweite Alternative für 24 Stunden ausprobieren.

Diese Methode ist verwandt mit einem Trick, den der Volksmund seit langer Zeit kennt: Über wichtige Entscheidungen eine Nacht schlafen. Hier wäre zu ergänzen: am besten richtig ausschlafen. Aus neurowissenschaftlichen Untersuchungen weiß man, dass nachts im Gehirn viel passiert. Ohne hier ins Detail zu gehen – diese Prozesse tragen dazu bei, dass man nach einem erholsamen Schlaf erfrischt eine Entscheidung gut treffen kann. Oder in unserem Fall: in sich hineinhorchen kann, ob die Probeentscheidung die richtige ist.

Methode 6: Brief an uns selbst

Diese Methode ist eine Ergänzung zu allen vorherigen. Wenn jemand anders die Entscheidung übernimmt – wie oben geschildert – KANN dies erst einmal eine Erleichterung bedeuten. Diese Variante führt jedoch nur zufällig zu der Lösung, die am besten zu uns passt. Und sie schützt einen auch nicht vor Selbstvorwürfen, im Sinne von „hätte ich damals nur …“! Daher: Wenn Sie aktiv eine Entscheidung für sich getroffen haben und wissen, dass Sie hin und wieder zu Selbstvorwürfen neigen, dann rate ich dazu, für sich persönlich festzuhalten, warum man sich so oder so entschieden hat.

Hierfür ist ein „Brief an mich selbst“ für viele Menschen eine gute Methode. Schreiben Sie für sich auf, was Sie abgewogen haben und warum Sie sich – mit dem Wissen des heutigen Tages – dafür bzw. dagegen entschieden haben. Dies unterstützt Sie dabei, sich selbst gegenüber zu Ihrer Entscheidung zu stehen und sie auch später fair zu beurteilen. Versuchen sie dabei, die getroffene Entscheidung überzeugend an ihr künftiges Ich zu „verkaufen“.

 

Fazit

Es gibt viele gute Methoden, die uns bei Ja-oder-Nein-Entscheidungen wie auch bei komplexeren Zukunftsentscheidungen unterstützen können. Einige habe ich Ihnen hier vorgestellt. Dennoch gibt es leider keine Garantie. Wir sind nicht allwissend und können immer Fehler machen. Ob ja oder nein, unsere sorgfältig getroffene Entscheidung kann im nachhinein trotzdem falsch sein. Und fast immer gilt: In beiden Fällen wird das Leben weitergehen.

Wenn wir dies anerkennen, werden wir wichtigen Weichenstellungen immer noch mit Respekt begegnen und ihnen die nötige Aufmerksamkeit widmen, können uns aber entspannter für den einen oder den anderen Weg entscheiden. Und wir können die Entscheidungen vor allem als das betrachten, was sie im positiven Sinne sind: Chancen, unser weiteres Leben zu gestalten.

Ja oder nein? Wichtig ist, dass Sie diese Frage für sich selbst beantworten. Die Entscheidung sollte „passen“, zu Ihnen als Mensch, Ihren eigenen Werten und Bedürfnissen. Und damit meine ich nicht, dass man egoistisch entscheiden sollte. Die Auswirkungen auf das eigene Umfeld zu betrachten, besonders auch auf die Menschen, die uns nahe und wichtig sind, das gehört für die meisten von uns aufgrund unserer Werte natürlich dazu.

Und gleichzeitig gilt: In Ihrer eigenen Haut stecken nur Sie selbst. Was für Sie persönlich die richtige Entscheidung ist, das muss nicht vom Standpunkt eines anderen Menschen aus die richtige Wahl sein. Zum Glück, sonst wäre unsere Welt nicht so vielfältig und lebendig!

Übrigens, häufig kann es genau aus diesem Grund hilfreich sein, sich bei einer wichtigen Entscheidung nicht nur mit Freunden und Familie zu beraten, sondern sich auch Unterstützung durch einen neutralen Menschen zu holen. Wenn Sie den Eindruck haben, dass das für Sie hilfreich sein könnte, melden Sie sich sehr gern bei mir!

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