Warum schwere Entscheidungen (manchmal) sehr wertvoll für uns sind
„Ich liebe schwere Entscheidungen!“
… wenn ich das behaupte, ernte ich oft ungläubige Blicke. Aber es stimmt: Der Coach in mir schätzt schwere Entscheidungen. Zugegeben, es kommen auch viele Menschen zu mir, weil sie den Eindruck haben „Ich kann mich nicht entscheiden.“ Aber das ist nicht der springende Punkt. Was ich an herausfordernden, subjektiv schwierigen Entscheidungen liebe, ist etwas anderes: Wenn wir uns diesen Entscheidungssituationen tatsächlich stellen, erwartet uns ein intensiver, aber oft auch unglaublich spannender und erkenntnisreicher Prozess. Wir können dabei ganz viel über uns persönlich lernen, über unsere Werte, Bedürfnisse und Motive. Reflektieren wir in Ruhe und entscheiden mit Bedacht, dann wissen wir hinterher ein Stück mehr darüber, wer wir sind. Aber der Reihe nach …
Entscheidungen fällen wir jeden Tag in großer Zahl, viele davon spontan und ohne groß nachzudenken (Stecke ich den Regenschirm ein? Erledige ich erst A oder B?). Das heißt, wir alle können uns entscheiden. Und dennoch gibt es bestimmte Fälle, da fällt es uns extrem schwer, erscheint vielleicht sogar unmöglich: Man grübelt ewig hin und her, die Gedanken kreisen, man weiß schlicht nicht, was man machen soll. Das kostet sehr viel Kraft und kann persönlich sehr belastend sein. Um diese Art „schwere Entscheidungen“ geht es mir hier. Und ja, auch sie können am Ende sehr wertvoll sein, auch wenn sich der Weg dorthin häufig steinig ist und teils furchtbar anfühlen kann.
So unterschiedlich sie im Einzelfall sind, was diese Entscheidungssituationen verbindet, ist, dass es sich subjektiv meist um Weichenstellungen handelt. Man steht bildlich gesprochen an einer Weggabelung und je nachdem, wie man die Weichen stellt, welche Abbiegung man nimmt, wird das eigene Leben – gravierend oder auch nur ein kleines bisschen – anders verlaufen. Daher haben wir vor dieser schweren Entscheidung Respekt, treffen anders als bei den banalen Beispielen oben keinen spontanen Entschluss. Und das ist gut so.
Schwierig wird die Situation in drei Fällen. Lassen Sie uns die der Reihe nach anschauen.
1. Entscheidung zwischen Pest und Cholera
Man sieht nur schlechte Alternativen, es scheint keine „gute“ oder auch nur „brauchbare“ Option zu geben. Dann ist es total richtig, inne zu halten. Die gute Lösung, für die man sich entscheiden wird, ist noch nicht sichtbar. Die Herausforderung besteht also darin, das Richtige zu unternehmen, um sie zu finden!
Hier gilt es, sich Zeit zu nehmen und in Ruhe zu reflektieren. Häufig hilft es, sich dafür mit einem anderen, wohlwollenden Menschen zusammenzusetzen. Das kann ein Freund, der Partner, ein Familienmitglied oder guter Bekannter sein – oder in schwierigen Fällen auch ein Coach.
2. Innerer Konflikt
Man fühlt sich innerlich zerrissen zwischen mehreren Alternativen. Sie sind einfach sehr unterschiedlich, ein Teil in uns will A, einen anderen zieht es zu B und ein dritter sieht in C die beste Lösung. Diese Fälle sehe ich im Coaching besonders häufig. Es gilt dann, diesen inneren Konflikt „aufzudröseln“ und die dahinterstehenden eigenen Bedürfnisse zu verstehen. Nur so kann man ihn lösen – in schwierigen, komplexen Fällen am besten mit externer Unterstützung.
Zeigt sich bei meinen Klienten ein solch innerer Konflikt, dann arbeite ich häufig mit dem „Inneren Team“ (Friedemann Schulz von Thun), verwandt ist auch die Methode des „Voice Dialogue“ (Hal und Sidra Stone). Schrittweise wird dann hier im Coaching für uns beide – meinen Coachee und mich als Coach – sichtbar, welche „inneren Teammitglieder“ sich von der schweren Entscheidung betroffen fühlen. Achtung, hier gibt es auch leise Stimmen und „Spätmelder“. Daher ist es wichtig, sich Zeit zu nehmen, in einer entspannten und zugleich konzentrierten Atmosphäre zu reflektieren und dann genau hinzusehen bzw. hinzuhören.
Dann passiert in diesem Entscheidungsprozess etwas sehr Wertvolles: Man erkennt nicht nur, welche – manchmal auch gemeinsam neu entwickelte – Alternative für einen selbst die richtige ist, sondern man sieht auch die eigenen Bedürfnisse, Werte und Lebensmotive häufig noch klarer.
3. „Luxusproblem“
Es gibt Entscheidungen, bei denen es mehrere gute Alternativen gibt, aber leider keine eindeutig die beste ist. Die Entscheidungsoptionen erscheinen bei „objektiver“ Betrachtung mehr oder weniger gleichwertig. Hier geht es also anders als oben nicht um „Pest oder Cholera“ sondern eher um Erdbeer- oder Vanilleeis (oder eine der vielen anderen leckeren Sorten).
Während die meisten von uns die Vielfalt an der Eistheke gut meistern, kann uns das Fehlen einer objektiv „besten“ Lösung bzw. Entscheidungsalternative regelrecht blockieren. Das gilt besonders für Menschen, die es gewohnt sind, nach klaren, rationalen Kriterien zu entscheiden, die dies vielleicht im Beruf häufig und sehr erfolgreich tun. Entscheidungstools, mit denen man sonst erfolgreich die nach objektiven Kriterien allerbeste Option herausgearbeitet hat, versagen, wenn es mehrere gleichwertige Alternativen gibt.
Hier kann der Lösungsansatz darin bestehen, sich von der Suche nach der „objektiv besten Lösung“ zu verabschieden und stattdessen zu schauen, welches die „subjektiv beste“ ist. In anderen Worten geht es dann um die Frage: Welche Entscheidung, welche Lösung passt zu mir persönlich am besten? Zu mir als Mensch, zu meinen Werten und dem, was mir in meinem Leben wichtig ist? Sie sehen: Das kann man logischerweise nur selbst entscheiden und es kann bei gleicher Ausgangslage von Mensch zu Mensch zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen führen.
Ein Dritter kann einem allerdings dabei helfen, indem er oder sie die richtigen Fragen stellt, so dass nach und nach immer klarer wird, welche Entscheidung am besten zu einem passt – und warum. In diesem Prozess werden nach und nach die individuellen Werte, die eigenen Bedürfnisse und Motive immer sichtbarer. Manche sagen dazu auch ganz einfach: Es zeigt sich, was für ein Mensch man ist bzw. sein will. Das eigene Selbstbild zeigt sich, man erkennt, welche Abbiegung an der Weggabelung zu der eigenen „Story“, der eigenen Lebensgeschichte, so wie man sie selbst wahrnimmt, am besten passt.
Und das ist das Großartige an schweren Entscheidungen, sowohl bei inneren Konflikten als auch beim „Luxusproblem“ gleichwertiger Alternativen: Man versteht sich dadurch plötzlich selbst besser, nicht nur in der akuten Situation, sondern auch darüber hinaus!
Mein Fazit
Es lohnt sich, schweren Entscheidungen die Aufmerksamkeit zu schenken, die sie verdienen. Sie vor sich herzuschieben und „wegzudrücken“ strengt an und lähmt. Sich ihnen zu widmen, ist oft ebenfalls harte Arbeit, zugegeben.
Es winken dabei am Ende jedoch drei Belohnungen:
- Die belastende, unklare Situation ist weg, es geht einem fast immer subjektiv besser.
- Man sieht (noch) klarer, was einem wichtig ist, was man braucht und worauf man daher auch bei künftigen Entscheidungen achten möchte (sie werden dadurch leichter!).
- Man nutzt die persönliche Entscheidungsfreiheit, um aktiv das eigene Leben zu gestalten! Damit verhindert man übrigens auch, dass Dritte oder „das Schicksal“ die Weichen in eine Richtung stellen, die für einen persönlich nicht gut ist.
Auch ich unterstütze meine Klienten als Beraterin und Coach häufig dabei, die Entscheidung zu treffen, die für sie die richtige ist. Ganz einfach weil sie der Mensch sind, der sie sind. Weil diese bestimmte Option am allerbesten zu ihren Werten, Bedürfnissen und Motiven passt. Dabei geht es sowohl um berufliche als auch um persönliche Lebensthemen – häufig auch eine Mischung aus beidem.
Wenn Sie überlegen, ob ein Coaching für Sie das Richtige sein könnte, lassen Sie uns sehr gern einmal darüber sprechen!